Neustart-Held Jan Forstbauer kommt erstmals als Gegner zurück: „Wird komisch, in die „falsche“ Kabine zu gehen.“

Es ist ein Novum, das am Sonntag ansteht. Mit Jan Forstbauer steht beim Gegner TVB Stuttgart ein langjähriger HSVH-Profi auf dem Spielfeld. „Forsti“ trug sechs Jahre lang das HSVH-Trikot und ist der erste Neustart-Held, der nach vielen Jahren in Hamburg als Gegner in die Sporthalle Hamburg zurückkommt. Grund genug für eine absolute Rarität: ein Gegner-Interview – mit Jan Forstbauer.

Moin Forsti! Sonntag kommst du erstmals mit dem TVB Stuttgart nach Hamburg. Von 2016 bis 2022 hast du unser Trikot getragen. Du bist der erste Spieler, der nach mehreren Jahren in Hamburg nun im gegnerischen Team in der Sporthalle Hamburg aufläuft. Wie malst du dir das gerade aus?

Jan Forstbauer: Ich werde auf jeden Fall ziemlich aufgeregt sein und wahrscheinlich ein bisschen nervöser als sonst. Aber auch besonders motiviert, die zwei Punkte zu holen. Es wird sicherlich komisch, in die „falsche“ Kabine zu gehen und sich auf der „falschen“ Seite warmzumachen.

Bislang waren es nur Dominik Plaue und Aron Edvardsson, die zuerst beim HSVH gespielt haben, und wenig später als Gegner wiederkamen. Beide spielten „nur“ rund zwei Jahre in Hamburg. Bei dir waren es sechs. Du hast den ganzen Weg von der 3. Liga bis in die LIQUI MOLY HBL mitgemacht. Wird die erstmalige Rückkehr für dich emotional?

Naja, ich komme ja in erster Linie, um dem HSVH zwei Punkte abzunehmen. Man ist ja in jedem Spiel angespannt und fokussiert und man macht sich klar, was auf einen zukommt. Das werde ich auch diesmal tun. Dazu kommt dann sicherlich noch eine Extraportion Anspannung und auch Vorfreude.

Es war eine besondere Zeit in Hamburg und wir hatten einen besonderen Zusammenhalt in der Mannschaft. Es war schön, dass dazu noch der sportliche Erfolg kam. Und es ist schön zu sehen, dass der Erfolg jetzt offensichtlich auch noch weitergeht. Auch jetzt steht beim HSVH eine Einheit auf der Platte, mit richtig gutem Zusammenhalt und tollen Einzelspielern. So habe ich zumindest aus der Entfernung den Eindruck.

Auf wen freust du dich am meisten?

Es wird grundsätzlich schön, die Jungs alle wiederzusehen. Auf meiner Seite kommen Azat, Axel, Leif zu mir und vielleicht Niklas, wenn er ab und zu mal rüber kommt. Das wird schon witzig gegen die zu spielen. Am meisten würde ich mich aber freuen, wenn ich merke, dass sie keine Tore machen und ich sie im Griff habe. Im Spiel gönne ich ihnen natürlich nichts.

Was machst du zuerst, wenn du in die Sporthalle Hamburg kommst? Hattest du ein Ritual, das jetzt wieder aufleben kann?

Nein, eigentlich nicht. Ich ziehe mich um und fange dann mein individuelles Warmup mit der Faszien-Rolle an. Das habe ich immer bei der Bank gemacht. Diesmal einfach nur auf der anderen Seite.

Welche skurrile, witzige oder besondere Erinnerung an die Sporthalle Hamburg schießt dir spontan als allererstes in den Kopf?

Als allererstes muss ich natürlich an die Atmosphäre denken, die da immer herrscht. Wir hatten dort seit der 3. Liga unglaublich viele tolle Spiele und Momente. Und immer wieder ein unglaubliches Publikum und unglaubliche Unterstützung. Die Sporthalle Hamburg war für uns einfach DIE Heimspielstätte seit dem Neustart.

(lacht) Aber ich muss auch daran denken, dass ich einmal mein Trikot vergessen hatte. Das war bei unserem grottenschlechten Spiel gegen Hüttenberg in der 2. Liga. Ich sollte reinkommen, hatte aber kein Trikot unter und musste erst in die Kabine sprinten. Es passte zu dem schlechten Spiel und da war die Stimmung natürlich erstmal schlecht. Aber mittlerweile kann ich drüber lachen.

Und ich werde nie vergessen, wie bei einem Spiel in der 3. Liga auf einmal ein Scheinwerfer von der Decke gefallen ist und mitten auf dem Feld landete. Das Spiel musste dann unterbrochen werden. Zum Glück wurde dabei niemand verletzt.

Wie sehr hat Hamburg denn auf dich abgefärbt? Wieviel Hamburger steckt trotz deines Umzugs in die Heimat noch in dir?

Das ist ganz schwer zu sagen. Vielleicht ist noch bisschen von der hanseatisch-lockeren Art übrig geblieben. Und ich habe mir das „Moin“ beibehalten. Das gefällt mir einfach. Aber da ich ursprünglich aus Stuttgart komme, bin ich hier eigentlich ganz Stuttgarter.

Was nimmt man sich in deiner ganz speziellen Situation für so ein Spiel vor?

(lacht) Ich würde so gerne bei Jogi einen Dreher oder einen Leger reinmachen. Wenn ich einen Gegenstoß laufen sollte, dann weiß Jogi ganz genau, was passieren wird. Aber ich würde es trotzdem machen!

Auch wenn die Jungs in Hamburg es nicht glauben werden: Mein Dreher ist jetzt nämlich viel besser geworden, im Training kommt er jetzt sehr verlässlich (lacht). Aber Spaß beiseite: Für so etwas ist in einem Bundesliga-Spiel kein Platz, es geht für uns nur darum, das Spiel irgendwie zu gewinnen.

(Anmerkung der Redaktion: Auch für Aron Edvardsson war ein Forsti-Dreher vor seiner Rückkehr im März 2020 der Albtraum, wie er in unserem bisher einzigen weiteren Gegner-Interview erklärte: https://hamburg-handball.de/2020/03/04/ein-forsti-dreher-waere-unangenehm-aron-edvardsson-im-interview/)

Und jetzt die wichtigste Frage für uns: Wie kann man euch schlagen?

Man muss offensichtlich irgendwie dafür sorgen, dass wir die erste Viertelstunde verschlafen. Da haben wir uns zuletzt immer schwer getan und dann wird es natürlich schwierig, ein Spiel zu gewinnen. Wir helfen dem Gegner leider oft zu sehr, uns zu schlagen. Das darf uns am Sonntag auf gar keinen Fall passieren. Oder anders formuliert: Wir müssen dafür sorgen, dass wir von Anfang an gut im Spiel sind. Da hatten wir zuletzt Schwierigkeiten.

Die typische Frage ist ja immer, ob du deinem Trainer jetzt Details von unseren Jungs verrätst. Macht man das eigentlich wirklich? Fragt der Trainer danach?

Wir analysieren jeden Gegner im Vorfeld sehr genau, so dass wir eigentlich immer wissen, wo Stärken und Schwächen des Gegners liegen. Wenn mir aber irgendwas besonderes auf- oder einfallen sollte, dann würde ich das natürlich sagen. Man kann sich immer bestmöglich vorbereiten, aber im Spiel kommt es dann eh viel mehr darauf an, wie man es auf dem Feld umsetzt und nicht nur darauf, was man vorher analysiert hat.

Wir wüssten jetzt auch keine Tipps. Niklas, zum Beispiel, hat aus unserer Sicht einfach keine Schwächen…

Vielleicht muss man ihn kitzeln oder ich muss ihm mal einen Spruch drücken. Vielleicht wird er dann aggressiv.

Jetzt noch einmal ernst: Ihr steht aktuell auf Rang 15. Das klingt nach akuter Abstiegsgefahr. Ihr habt aber bereits 8 Punkte Vorsprung auf den 17. GWD Minden (allerdings auch drei Spiele mehr). Wie angespannt seid ihr bei dem Thema noch?

Wir sind grundsätzlich davon überzeugt, dass wir noch Spiele gewinnen werden und dann auch die Klasse halten. Wir haben die entsprechende Qualität. Aber es hilft nicht, nur davon überzeugt zu sein, wir müssen die Spiele dann auch gewinnen. Wir müssen unsere Leistung auf die Platte kriegen. Wir hätten sicherlich auch die Qualität gehabt, um Wetzlar zu schlagen, hätten sicherlich gewinnen können. Haben wir aber leider nicht gemacht.

Wir drücken natürlich die Daumen, aber hoffen selbstverständlich auch, dass es Sonntag erstmal nichts für euch zu holen gibt. Übrigens haben sowohl Aron Edvardsson als auch Dominik Plaue ihre ersten Spiele in Hamburg mit ihren neuen Teams deutlich verloren. Domi hat 2018 mit Dessau-Roßlau mit 17:25 gegen euch verloren, Aron 2020 mit Bietigheim 28:34.

Aber ihr wollt doch, dass ich Hamburg immer in guter Erinnerung behalte, oder? Dann wäre es schon schön, wenn wir Sonntag gewinnen würden.