Die Abwehr – der Schlüssel zum Erfolg
Im Heimspiel gegen den Dessau-Roßlauer HV war eine Abwehrumstellung der entscheidende Schritt zum zweiten Heimsieg der Saison. Auch der Auswärtserfolg in Dresden beruhte auf guter Abwehrleistung. Doch was unterscheidet die Abwehrarten eigentlich?
Eine weit verbreitete Weisheit im Sport besagt: „Die Offensive gewinnt Spiele, die Abwehr Meisterschaften“. Auch wenn es für den Handball Sport Verein Hamburg erst einmal nur für den Klassenerhalt reichen soll, feilt Trainer Torsten Jansen Woche für Woche akribisch an den verschiedenen Abwehrsystemen seines Teams. Doch was macht die Deckung um die Kapitäne Niklas Weller und Lukas Ossenkopp eigentlich aus?
Die grundlegenden Deckungsvarianten im Spiel der Hanseaten bauen auf mehreren Systemen auf: der 6:0- sowie der 5:1- und 3:2:1-Deckung. Wobei die 6:0-Abwehr (sechs Spieler am Kreis, null davor) die kompakteste und die 3:2:1 (drei Spieler am Kreis, zwei offensiver, einer auf der Spitze) die offensivste Variante darstellt. Im Heimspiel gegen den Dessau-Roßlauer HV ist das Jansen-Team mit der stabileren 6:0-Variante ins Rennen gegangen. Dabei bilden die beiden Kapitäne Lukas Ossenkopp und Niklas Weller den Verbund im Deckungszentrum, dem Herzen des Systems. Sie sind der Dreh- und Angelpunkt in der 6:0 und machen die Ansagen an das Kollektiv, um die Halb- sowie die Außenverteidiger zu leiten. Trainer Jansen vertraut seinen Kapitänen: „Lukas und Niklas spielen jetzt schon die dritte Saison Seite an Seite im Abwehrzentrum. Sie kennen sich sehr gut, wissen wie der andere auf bestimmte Situationen reagiert und können sich aufeinander verlassen. Die beiden machen ihre Sache richtig gut.“
Kommunikation und Intuition spielen gerade bei einer 6:0-Deckung eine wichtige Rolle – ein Vorteil also, dass Weller und Ossenkopp derart eingespielt sind.
Bei gelungener Ausführung einer 6:0-Deckung eröffnet sie dem Gegner sehr wenige Räume am Kreis, indem die Schnittstellen zwischen den jeweiligen Abwehrspielern immer wieder zugeschoben werden. Der Kontrahent wird zu Distanzwürfen gezwungen. Beim Spiel gegen den HC Elbflorenz war dies ein Schlüssel zum Erfolg. Da die Dresdner sich an diesem Tag aus dem Rückraum als ungefährlich erwiesen, konnte Jansen den Abwehr-Fokus mit der 6:0-Formation auf das Zentrum legen und fand so genau das richtige Mittel gegen den Spielstil der Dresdner.
Axmann brilliert als Abwehrspitze
Gegen einen Gegner, der über viel Wurfkraft aus dem Rückraum verfügt, bietet sich häufig eine 3:2:1- oder 5:1-Deckung an. Bei diesen Varianten werden Spieler aus dem dichten Deckungsverbund der 6:0 herausgenommen. Die Abwehr verschiebt immer wieder zur Ballseite. Bei der 3:2:1-Formation nehmen die Außen- und der Hinten-Mitte-Verteidiger defensiv am Kreis ihre Position ein, während die Halben- und der Vorne-Mitte-Verteidiger offensiver stehen. Ziel dieser Deckung ist es, den Spielfluss des Kontrahenten zu unterbinden, gegebenenfalls einen schlecht getimten Pass abzufangen und den Druck auf den Gegner schon früh zu erhöhen. Im Spiel gegen den Dessau-Roßlauer HV hat Dominik Axmann die Rolle des vordersten Verteidigers bekleidet und mit Bravour gemeistert. Nach der Umstellung des Systems früh in der zweiten Halbzeit hat Jansen seiner Mannschaft den richtigen Impuls gegeben und genau das richtige Mittel gegen die Gäste-Offensive gefunden. Axmann störte konsequent den Spielaufbau, konnte mehrere Bälle abfangen und so schnelle Tore durch die darauffolgenden Gegenstöße erwirken.
Details machen die Abwehr aus
Jede Variante hat ihre Vorzüge und Torsten Jansen kann seine Systeme nach Belieben auf den jeweiligen Gegner anpassen. Aufbauend auf die angesprochenen Grund-Formationen bringt „Toto“, wie jeder Trainer, auch seine eigenen Ideen mit ins Spiel. So kann es sein, dass auch eine kompakte 6:0-Deckung als offensive Variante gespielt wird. Das Überraschungsteam des TuS Ferndorf, beispielsweise, hat beim Sieg in der Sporthalle Hamburg mit einer ebensolchen Konstellation agiert und Ossenkopp & Co. somit aus dem Konzept gebracht. „In diesem Spiel haben wir einfach nicht das umgesetzt, was wir im Vorfeld besprochen haben und Ferndorf hat eine richtig starke Abwehr gespielt. Ihre kräftigen Deckungsspieler sind trotz der Masse doch unglaublich schnell auf den Beinen gewesen und haben uns mit dem ständigen Kontakt den Zahn gezogen.“ Ein sehr gutes Beispiel für die Variabilität der verschiedenen Abwehrvarianten.
Ähnlich wie im Fußball kann der Trainer auch Zonen- oder Raumvarianten auf die einzelnen Abwehrverhaltensweisen anwenden. Doch da bleibt Trainer Jansen hart, zu viele Details will er nicht preisgeben: „Da gehen wir dann schon sehr tief in die einzelnen Systeme hinein. Das sollen unsere Gegner selber herausfinden.“ Oder eben nicht. Und sich dann an einer starken und variablen Hamburger Abwehr die Zähne ausbeißen!